Sonntag, 13. Januar 2013

Zum Jahreswechsel - Wofür ich einfach mal "Danke" sagen wollte

Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Hebräer 13, 14 - Jahreslosung 2013

 Liebe Familie und Freunde,

zum Jahreswechsel und nachdem ich unglaublich viel Spannendes erlebt habe, wollte ich eigentlich einfach nur mal ein "Danke" da lassen. Ich bin wahnsinnig dankbar, hier in Kolumbien sein zu dürfen, hier zu arbeiten, Zeit mit meinen Freunden zu verbringen, zu reisen und vieles andere mehr. Danke an meine Familie und meine Freunde in Deutschland, die ihr mich unterstützt und euch um mich sorgt, mir Briefe und Mails schreibt und Pakete schickt (auch wenn sie manchmal etwas länger brauchen, um anzukommen :D), kurz gesagt: Danke, dass ihr mich nicht vergesst!
Für mich ist es aber auch ziemlich wichtig, Gott zu danken, durch den ich hier sein darf und der mich unglaublich beschenkt, sei es mit einer erfüllenden Arbeit, mit guten Freunden, die auch durch Schwierigkeiten tragen und mit all den wunderschönen Orten, die ich mir nie hätte vorstellen können, aber hier sehen darf.
Jetzt muss ich aber ein wenig weiter ausholen, um euch auf meinen neuesten Stand zu bringen:

Weihnachten

Die Weihnachtszeit in einem tropischen Land zu verbringen, ist eine interessante, manchmal etwas merkwürdige Erfahrung. Sie lässt einen auf der einen Seite natürlich ein wenig die typisch deutschen Weihnachtstraditionen vermissen, hilft einem auf der anderen Seite aber auch, sich mehr auf den Kern des Festes zurückzubesinnen. Es fehlen zwar die Kälte, Weihnachtsplätzchen, Adventsfeiern und natürliche Weihnachtsbäume (sind hier alle künstlich und meistens total hässlich :D), aber ich lernte die kolumbianischen Traditionen kennen: Die Novenas (tägliche Weihnachtsfeiern beginnend neun Tage vor Weihnachten mit Liedern und Gebeten, eine katholische Tradition), natilla (so eine Art Karamellpudding), buñuelos (frittierte Teigbällchen) und an Heiligabend Truthahn.

Patricia und die Kinder aus meinem Projekt
Weihnachten begann so richtig für mich am 23., als wir im Projekt mit den Kindern Weihnachten feiern durften. Es wurden Weihnachtslieder (hier: villancicos) gesungen, getanzt und Geschenke übergeben, die von einer örtlichen Firma gespendet wurden.

Heiligabend verbrachten wir dann mit der Familie von Angelica und Patricia, zwei sehr guten Freundinnen hier. Die Familienmitglieder hatten wir zum größten Teil schon vorher kennengelernt, insofern verbrachten wir Weihnachten nicht mit Fremden, sondern mit Menschen, die uns hier sehr wichtig geworden sind. Am Vormittag des 24. hatte ich dann zuerst die Möglichkeit, mit meiner Familie übers Festnetz zu telefonieren. Auch wenn wir nicht lange sprechen konnten und die Verbindung ziemlich schrecklich war, war es ziemlich schön, sich wenigstens mit jedem kurz zu unterhalten und sich fröhliche Weihnachten zu wünschen. Abends ging es dann los, um mein erstes Weihnachten fern von zuhause zu verbringen. Wir kamen um halb neun an und mussten feststellen, dass wir viel zu früh dran waren. Die kolumbianische Weihnachtsfeier in der Familie beginnen typischerweise erst kurz vor zwölf und gehen bis in die frühen Morgenstunden. Eingeläutet wurde mit einem unvorstellbar großen Buffet mit viel Fleisch, Kartoffeln, vielen krass leckeren kolumbianischen Spezialitäten und noch mehr Fleisch. Wir sorgten für kulturellen Austausch, indem wir Weihnachtsplätzchen beisteuerten: Vanillekipferl und Kokosmakronen, yihaa!

Danach ging es weiter mit dem "Programm". Ihr müsst wissen, dass wir Weihnachten nicht nur mit einer ziemlich netten Familie verbrachten, sondern auch einer ein klein wenig verrückten. In Kolumbien ist es im Allgemeinen viel üblicher, zu Weihnachten wirklich zu feiern und Spaß zu haben. In Deutschland unterhält man sich dann doch eher gesittet über den super Mixer, den man geschenkt bekommen hat. So kam es also, dass an dem Abend mit allen Gästen La voz de Colombia veranstaltet wurde, das kolumbianische The voice of Germany, mit Jury und Trailer und allem drum und dran. Wir beteiligten uns mit einer sehr ausgefeilten Version von Barbie Girl. Uns sagten zwar alle, dass sie es super fanden, aber mal schauen, ob wir in nächster Zeit dort auch noch willkommen sind :D.

Mit den jugendlichen Mitgliedern der Familie
Nach wir alle ziemlich viel gelacht hatten, folgte die Bescherung. Ich fand es beeindruckend, dass man wirklich den Eindruck hatte, dass es bei der Bescherung nicht darum ging, dass man das beste und neueste Iphone verschenkt, sondern dass jeder dem anderen eine Freude machen wollte. Dabei ging es gar nicht um den Wert des Geschenks, sondern es ging meistens um einfache Dinge wie Kleidung oder Süßigkeiten. Es macht einen demütig, wenn man darüber nachdenkt, dass wir in Deutschland oftmals den Wert eines Geschenkes über den materiellen Wert und nicht über die Geste definieren. Mir wurden Socken (ja, mittlerweile ist auch den Kolumbianern aufgefallen, dass meine Socken immer Löcher haben, Mama hat´s ja schon immer bemängelt) und ein Kolumbien-Beutel geschenkt, beides Dinge, die ich nicht erwartet hatte und über die ich mich ziemlich gefreut habe.

Im Haus von Aguines
Der nächste Tag begann mit ziemlichem Schlafmangel, nachdem sich die Feier zumindest für die Jugendlichen noch bis zum Morgen gezogen hatte. Am Nachmittag hatte uns Aguines, unsere Chefin, zum Essen eingeladen: überflüssig zu erwähnen, dass es viel zu viel und viel zu lecker war, aber wir vom Vortag noch ziemlich gefüllt waren. Auch der erste Weihnachtsfeiertag verlief sehr schön und besinnlich. Insgesamt vermisste ich natürlich über diese Tage schon meine Familie und Freunde; die Art, Weihnachten zu feiern, ist schon sehr verschieden, aber zu meinem großen Glück durfte ich die Zeit mit vielen Menschen verbringen, die mir etwas bedeuten, wofür ich sehr dankbar bin.

23.-25.12.12 - Weihnachten



Silvester

Auf dem Gipfel: Charlotte, Charlott, Cornelius
Die Tage vor dem Jahreswechsel verbrachten wir in Cali, einer Stadt, die wir schon vorher besucht hatten und die als "Hauptstadt des Salsa" gilt. In diesem Tagen vor Silvester findet jedes Jahr die feria de Cali statt, eine Mischung aus Karneval und Festival mit viel Tanz, Musik und Artistik. Das wollten wir, Christoph, Charlotte, Charlott, eine andere deutsche Freundin, die auch Volontärin ist, und ich, uns nicht entgehen lassen, zumal das ziemlich heiße Klima Calis eine willkommene Abwechslung zum wechselhaften Wetter Bogotás darstellt. Aber schon die Hinfahrt erwies sich als schwierig: Wir hatten Schwierigkeiten einen Bus zu bekommen, weil sehr viele Leute zu diesem Zeitpunkt reisen wollten und landeten letztendlich in einem ziemlich vorsintflutlichen Gefährt. Kurz: Wir machten einige Erfahrungen mit Rauch, der aus der Decke kam und anderen Erfreulichkeiten :D. Aber schlussendlich kamen wir an und verbrachten einige wirklich schöne Tage in Cali in einem sehr coolen Hostel. Unter anderem bestiegen wir den Hausberg Calis, auf dem drei überdimensionierte Kreuze über die Stadt wachen. Charlie entschied sich klugerweise für den Aufstieg für FlipFlops, was sich auf dem Rückweg als tückisch entpuppte und sie sich dieser dann vollständig entledigte. Aber wir wurden auf jeden Fall durch eine wunderbare Aussicht auf Cali und durch leckeren Bananenkuchen auf dem Gipfel belohnt.
 Ach ja, getanzt haben wir natürlich auch ziemlich viel. Einen Abend verbrachten wir auf einem Konzert in einem etwas abgelegeneren, ärmeren Viertel. Auf der Konzert waren wir dann letztendlich fast nur von Schwarzen umgeben und fielen als zwei große weiße Jungs und blonde Mädchen doch ziemlich auf und sorgten für große Aufmerksamkeit. Als wir dann auch noch mit den Leuten tanzten, war das natürlich außerordentlich und es wurden ziemlich viele Fotos und Videos gemacht :D. Aber wenn man dieses etwas merkwürdige Gefühl, so unter Beobachtung zu sein, erstmal verdrängt hatte, wurde es ein sehr witziger Abend und wir lernten viele ziemlich nette Leute kennen.


Am 30. ging es schließlich weiter nach Pereira, einer Stadt im Kaffeedreieck, die wir auch schon vorher einmal besucht hatten. Dort hatte uns ein Freund eingeladen, mit ihm Silvester auf seiner finca, sprich Landhaus zu verbringen. Ich hatte nur leider an diesem Tag einige Magenprobleme und auf der Busfahrt von Cali nach Pereira ließ ich, wie Christoph es so charmant formulierte, "mein Essen mir noch mal durch den Kopf gehen" (was im Bus wiederum für ziemliche Aufmerksamkeit sorgte, immer diese verrückten Ausländer aber auch :D). Aber am nächsten Tag ging es mir schon viel besser, sodass ich ungestört Silvester genießen konnte. Das Problem war nur, dass sich der Freund, der uns eigentlich auf seine finca eingeladen hatte, nicht blicken ließ und wir die zeit mit seinem Cousin verbrachten, den wir auch schon vorher kennengelernt hatten. Aber letztendlich war das auch kein Beinbruch, weil wir so Silvester mit seiner Familie verbrachten. In Kolumbien ist Silvester viel mehr als in Deutschland auch für Jugendliche ein Familienfest, an dem sich wirklich die ganze Familie versammelt. Insofern gewannen wir auch zu diesem Anlass einen relativ authentischen Eindruck: Es wird viel getanzt, in diesem Fall einfach mit allen Leuten auf der Straße, gelacht und auch einiges getrunken, obwohl ich mich natürlich meinem Magen zuliebe sehr zurückhielt :D. Bis zum Morgen ging die Feier und wir konnten den ersten Sonnenaufgang des neuen Jahres auf dem Dach unseres Freundes beobachten. Für den nächsten Tag war ein Ausflug angesetzt, auf, wen wunderst, einen Berg, um den Sonnenuntergang zu bewundern und uns gleichzeitig von Pereira zu verabschieden. Es war wirklich ein großartiger Ausblick und ich hatte auch zum ersten Mal die Möglichkeit, das Weihnachtsgeschenk meiner Eltern, eine neue Kamera (die alte wurde mir leider gestohlen), auszuprobieren.

28.12. - 01.01. - Cali und Silvester in Pereira



Urlaub in Villavicencio

Zum Schluss lasse ich euch noch ein paar Bilder vom letzten Wochenende da, an dem wir Urlaub auf einer finca in der Nähe von Villavicencio machten. Das liegt in den weiten Ebenen Kolumbiens, den llanos. Über hunderte von Kilometern erstreckt sich dort flaches Weideland ohne einen einzigen Berg. Dementsprechen ist es dort ziemlich tropisch heiß. Mir hat es aber doch ziemlich gefallen und landschaftlich ist es dort auch unglaublich schön.
Zum Abschluss kleine Anekdote: Auf dieser finca gab es eine Kokospalme und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich die Möglichkeit, Kokos zu ernten. Man nehme: einen sehr, sehr langen Stock mit Haken und wenn möglich etwas Geschick. Das geht mir aber glaube ich eher ab, insofern hätten mich drei aus fünf Meter herunterfallende Kokosnüsse fast erschlagen; im letzten Moment konnte ich aber noch einen Schritt zur Seite machen. Das interessante ist ja, dass Kokosnüsse noch eine richtig fette, harte und schwere Schutzhülle haben, die man erst ewig mit der Machete abschlagen muss, bevor man an die Nuss kommt, wie wir sie kennen und wie man sie im Supermarkt sieht. Ich dachte ja immer, man schüttelt ein wenig an der Palme, dann kommt die Nuss runter, man schlägt die ein paar mal gegen die Palme und schon ist sie offen. Pustekuchen! Und auch gar nicht mal so empfehlenswert.

04.01 - 07. Villavicencio



Das war´s auch erstmal von mir. Morgen geht es wieder los: für 11 Tage nach Leticia, in den Amazonasregenwald. Ich mach auf jeden Fall viele Fotos und bemühe mich dann, euch hier auf dem Blog einen Eindruck zu vermitteln.

Auch auf der Arbeit gibt es Neues: Wir stehen im Moment vor einigen Schwierigkeiten, weil wir im Moment keine festen Räumlichkeiten für die Kinder in "Maranatha" haben. Das offizielle Programm setzt zunächst aus, bis wir in ein neues Haus einziehen können, dessen Bau aber noch nicht begonnen hat und sich auch noch verzögern kann. Alles ein wenig schwierig im Moment, weil auch meine Zukunft ungeklärt ist. Im Moment helfe ich in einem anderen Projekt aus, zur Diskussion steht aber, dass wir für die Kinder in "Maranatha" eine Art Ersatz-Überbrückungsprogramm im Park anbieten, das muss geklärt werden, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin. Darüber schreibe ich euch das nächste Mal ausführlicher und halte euch dann auf dem Laufenden. Bleiben Sie dran!

Gottes Segen und ein frohes neues Jahr, wenn auch etwas verspätet, euch allen!
Cornelius

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