Freitag, 19. Oktober 2012

Mit Liebesgrüßen aus Bogotá: Mein tägliches Leben und Erleben

Da ist das Ding.     
                          Oliver Kahn
Da ist er endlich, mein neuer Blogeintrag. Tut mir leid, dass es diesmal so lange gedauert hat.

Herbst? - Hier blüht´s immer
Die Tage vergehen und vergehen. Der Alltag ist eingekehrt, zumindest zum Teil. Schon ist es Oktober. Doch während in Deutschland jetzt die nasskalte Jahreszeit beginnt, ein scharfer Wind die Blätter von den Bäumen treibt und die Menschen sich in den Häusern verschanzen, verändert sich hier erstmal gar nichts. Wir sind so nah am Äquator, dass Jahreszeiten praktisch nicht existieren. Es ist wie immer: Das Wetter spielt verrückt, aber an jedem Tag neu, so wie bisher auch. Es fühlt sich ein wenig merkwürdig an, wenn das bisherige Leben so von ständigen Veränderungen geprägt war, vom ständigen Jahreslauf aus Warm und Kalt, Sonne, Regen und Schnee, Werden und Vergehen. Ich bin gespannt, wie sich Weihnachten anfühlt, so ganz ohne Schneematsch und mürrische Leute in Wintermänteln :)

Mehr als zwei Monate bin ich jetzt hier und bin im dritten, zwei Monate voller spannender Erfahrungen und täglichen Herausforderungen. Ich habe Freunde gefunden, viel gearbeitet, viel nachgedacht, viel geplant, manchmal umgeplant, manchmal verplant, viel Schönes, manches Hässliche gesehen, kurz gesagt: Ich lebe jetzt hier.

Wer sind eigentlich die Leute, mit denen ich hier so zu tun habe?

Christoph und ich vorm Wasserfall


In erster Linie natürlich mein Mitbewohner, Mitstreiter und guter Freund Christoph. Wir machen viel zusammen, unternehmen viel mit Freunden und überlegen und planen gemeinsam, was hier so für neue Projekte anstoßen und welche toten wir wiederbeleben. Das gemeinsame Wohnen klappt auch ziemlich gut, Kochen, Abwaschen, Putzen und alles Andere ist halbwegs aufgeteilt oder wird gemacht, wenn dann doch mal kein Geschirr mehr da ist oder die Teller schon alleine weglaufen können :D Wir organisieren unseren Alltag meistens spontan, aber ein paar Konstanten gibt es schon: Neuerdings frühstücken wir zusammen, (meistens so halb acht), bevor es um acht aus dem Haus geht, abends wird gekocht oder wenn´s sein muss, geputzt und dienstags treffen wir wir uns für unseren Zweimannhauskreis. Da reflektieren wir alles, was uns so in der Woche passiert ist, gerade nehmen wir uns den Hebräerbrief vor, wir diskutieren und beten und zum Schluss schreibt man dem Anderen seine Gebetsanliegen für die nächste Woche auf. Ich empfinde die Zeit als sehr wichtig für meinen Alltag und sehr bereichernd. An dieser Stelle geht einfach mal ein fettes Dankeschön an Christoph raus, fürs Guter-Mitbewohner-Sein und das morgendliche Wecken!

Christoph, Aguines und ich
Und dann muss ich euch natürlich noch Aguines vorstellen, unsere Chefin und Ansprechpartnerin in allen Dingen, die uns so auf dem Herzen liegen. Sie ist nicht nur die Koordinatorin unserer Arbeit und kümmert sich darum, dass es uns in unseren Projekten gut geht, mit ihr überlegen wir auch, welche Dinge wir starten oder unterstützen, die für (geistliches) Wachstum hier in der ACJ sorgen sollen. Daür treffen wir uns jede Woche am Dienstagmorgen und arbeiten dann den ganzen Tag im Büro im Zentrum. Am Donnerstagmorgen haben wir jetzt mit ihr zusammen wieder neu eine Mitarbeiterandacht für alle Angestellten der ACJ begonnen, um die Gemeinschaft innerhalb der Leute hier zu stärken, vor allem auch die geistliche Gemeinschaft. Außerdem kann man mit allen kleinen Problemchen, wie zum Beispiel wenn mal wieder was in unserer Wohnung kaptutt ist, oder auch mit persönliches Anliegen zu Aguines kommen. Sie kann zwar kein Deutsch und ich glaube nicht, dass sie das hier liest, aber Danke³ auch an sie!

Das meiner Meinung nach etwas alberne Logo
Neues aus dem Projekt, in dem ich unter der Woche arbeite, gibt es natürlich auch: Einige mittelgroße bis schwerwiegende Veränderungen in Maranatha. Wir stehen vor einer ziemlich unsicheren Zukunft und das hat einen sicheren Grund: die finanziellen Mittel. Die ACJ hier ist eigentlich chronisch unterfinanziert, hat aber das Projekt Maranatha bisher aus eigenen Mitteln ohne externe Geldgeber getragen. Jetzt beginnen wir aber mit einem neuen Programm in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium, das sich generationes con bienestar (übersetzt etwa: "Generationen in Wohlbefinden" oder so) nennt. Das hat den Vorteil, das wir erstmal bis Dezember finanzielle Sicherheit durch staatliche Unterstützung haben, aber auch den Nachteil, dass wir jetzt viele Dinge im Projekt nach den Vorstellungen des Ministeriums gestalten müssen. Wir müssen größere Kindergruppen betreuen, bis zu 40 Kinder, und sehr viele Themen ins Programm einbauen.
Das heißt konkret für mich, dass ich mehr Verantwortung übernehmen werde, weil wir nicht allzu viele Mitarbeiter sind und mich mehr einbringen werde. Meine bisherige Arbeit mit Andacht am Montag und geplantem Englischworkshop werde ich fortsetzen, was dazukommt, wird sich zeigen. Im Moment verändern sich einfach täglich die Umstände auf meiner Arbeit und es ist für mich manchmal nicht ganz einfach, zu durchschauen, was jetzt gerade abgeht und wie ich mich da einbringen kann. Aber ich hoffe, in den nächsten Wochen legt sich ein wenig der Staub und es kehrt wieder so etwas wie Routine ein.
Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich mich dort weiterhin wohlfühle und mir die Kinder, so schwierig sie manchmal doch sind, echt ans Herz gewachsen sind.

Was ist eigentlich diese Gruppe AI´M, von der ich immer rede?
Ihr sollt ja auch ein wenig Spanisch lernen, also gebe ich euch die Beschreibung einfach mal als Original:
 Somos un grupo de jóvenes en Bogotá, que ofrece a chicos y chicas
entre 14 y 18 años la oportunidad de conocer a Jesús y la fe
cristiana.
Además, puedes participar en talleres de cocina, fotografía, diseño,
musica, juegos y deportes.
Na gut, weil ihr es seid, werde ich es auch noch schnell übersetzen:
 Wir sind eine Jugendgruppe in Bogotá, die für Jungs und Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren die Möglichkeit anbietet, Jesus und den christlichen Glauben kennenzulernen.  Außerdem kannst du in Workshops wie Kochen, Fotografie, Design, Musik, Spiele und Sport teilnehmen.
Einige der Teilnehmer von AI´M
Damit ist eigentlich schon ziemlich viel gesagt. Wir sind eine offene, junge und lebendige, auch ein wenig verrückte Gruppe, meist so zwischen 15 und 25 Personen, die sich jeden Freitagabend trifft. Mir macht es riesigen Spaß Aktivitäten mit den chicos y chicas zu planen und durchzuführen, neben Workshops  gibt es jeden Monat auch ein Spezialevent, letzten Monat zum Beispiel zum Thema "Las Vegas" (Fotos dazu gibt es in der Galerie) und diese Woche dreht sich alles um Indianer. Wir wollen ein Geländespiel und Lagerfeuer machen, hoffentlich regnet es nicht. Die letzten Tage hat es nämlich geschüttet wie aus Eimern, das glaubt ihr gar nicht. :D
Hier könnt ihr euch ein Video mit einer kleinen Szene zum Lied Everything der Band Lifehouse ansehen, die wir im AI´M - Workshop Theater & Sport von Christoph und mir erarbeitet haben:


Die Luft ist schwülwarm, aus der Ferne hört man Gewitter grollen. Wir kämpfen uns durch den Wald, vorbei an Bananenplantagen und über Stock und Stein, begleitet von den Geräuschen der Waldtiere...

Sebastian, Andrés, ich und Christoph baden am Wasserfall
Nein, wir waren nicht im Regenwald. Aber fast. Letztes Wochenende konnten wir uns mal eine kleine Auszeit gönnen vom Trubel Bogotás und ein bisschen durchatmen. Ich war unterweg mit Christoph, Angelica, eine Kolumbianerin, die ich schon in Deutschland kennengerlernt hatte, ihr Cousin Dani, Andrés, Sebastian und Charlotte, eine meiner besten Freundinnen aus Deutschland, die mit mir auf der Schule war und irgendwie auch, wer weiß schon wie, den Weg nach Bogotá gefunden hat. Wir waren unterwegs im Bergwald, viel tiefer gelegen als das kalte Bogotá und viel wärmer, ungefähr 2,5 Stunden von der Metropole entfernt. Mitten auf dem Weg fing es plötzlich in Strömen zu regnen an. Schließlich erreichten wir klatschnass unser Ziel, den salto de las monjas (übersetzt "Sprung der Nonnen" aufgrund der schwarzen Farbe des Kohlegesteins dort), ein wunderschöner Wasserfall mitten im Wald. Derartig durchnässt dachten wir uns: "Dann können wir doch auch gleich Schwimmen gehen!" Gesagt, getan. Und das Wasser war erstaunlich warm und angenehm. Wir verbrachten eine coole Zeit dort und kehrten am Abend nass und ein wenig muffig, aber glücklich nach Bogotá zurück. Wenn ihr darüber noch mehr wissen wollt, schaut doch auch mal bei meinem compañero Christoph und seinem Blog vorbei. Noch mehr Bilder vom salto de las monjas gibt es in der Galerie.

Außerdem könnt ihr euch Bilder von einem anderen Ausflug zu einem anderen Wasserfall, dem salto de Tequendama anschauen. Ich war mit Charlotte und ihrer Mitbewohnerin Márti aus Ungarn unterwegs zu einer Schlucht, in der sich der Wasserfall von Tequendama als wirklich erhabenes Schauspiel in die Tiefe ergießt. (So erhaben, dass sich auch gerne mal Leute dort umbringen, betreten deshalb verboten...) Gegenüber, direkt an der Schlucht, steht ein altes Hotel im schönen Kolonialstil. Um einen besseren Blick auf den Fall zu haben, machten wir uns auf eine kleine Expidition auf einen Berg, stürzten beinahe ab, wurden beinahe von einem Bauern vertrieben und schließlich in sein Haus zu einem Saft eingeladen. Sehr abenteuerlich, das Ganze.
Außerdem gibt es noch Fotos vom Botanischen Garten, den wir im September besucht haben und der sehr schön ist. Es war sehr beeindruckend, was für exotische Pflanzen man dort finden kann und die Fotos lohnen einen Blick. Ich habe mich aber fast noch mehr gefreut, wenn ich auch mal eine Pflanze gefunden habe, die es auch in Deutschland gibt. :) Ihrs seht, eine Menge Fotos, auch an die Lesefaulen ist also gedacht.

Bald fahren wir mal etwas länger in den Urlaub, ins sogenannte Kaffeedreieck und in den Süden nach Cali, die Stadt des salsa. Ihr dürft also weiterhin gespannt sein!

Alles Liebe und Gottes Segen
Euer Cornelius

PS: Schlechte Nachrichten habe ich natürlich auch noch, wie könnte es anders sein. Mir wurde mein Rucksack mit Kamera geklaut, was bedeutet, dass es vielleicht in nächster Zeit ein paar weniger Fotos von mir gibt bzw. nicht meine eigenen, sondern die vom Christoph. Aber wer sich von so was die Laune verderben lässt, ist selber schuld! Bau ich mir halt ne Lochkamera oder so!

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