Sonntag, 13. Januar 2013

Zum Jahreswechsel - Wofür ich einfach mal "Danke" sagen wollte

Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Hebräer 13, 14 - Jahreslosung 2013

 Liebe Familie und Freunde,

zum Jahreswechsel und nachdem ich unglaublich viel Spannendes erlebt habe, wollte ich eigentlich einfach nur mal ein "Danke" da lassen. Ich bin wahnsinnig dankbar, hier in Kolumbien sein zu dürfen, hier zu arbeiten, Zeit mit meinen Freunden zu verbringen, zu reisen und vieles andere mehr. Danke an meine Familie und meine Freunde in Deutschland, die ihr mich unterstützt und euch um mich sorgt, mir Briefe und Mails schreibt und Pakete schickt (auch wenn sie manchmal etwas länger brauchen, um anzukommen :D), kurz gesagt: Danke, dass ihr mich nicht vergesst!
Für mich ist es aber auch ziemlich wichtig, Gott zu danken, durch den ich hier sein darf und der mich unglaublich beschenkt, sei es mit einer erfüllenden Arbeit, mit guten Freunden, die auch durch Schwierigkeiten tragen und mit all den wunderschönen Orten, die ich mir nie hätte vorstellen können, aber hier sehen darf.
Jetzt muss ich aber ein wenig weiter ausholen, um euch auf meinen neuesten Stand zu bringen:

Weihnachten

Die Weihnachtszeit in einem tropischen Land zu verbringen, ist eine interessante, manchmal etwas merkwürdige Erfahrung. Sie lässt einen auf der einen Seite natürlich ein wenig die typisch deutschen Weihnachtstraditionen vermissen, hilft einem auf der anderen Seite aber auch, sich mehr auf den Kern des Festes zurückzubesinnen. Es fehlen zwar die Kälte, Weihnachtsplätzchen, Adventsfeiern und natürliche Weihnachtsbäume (sind hier alle künstlich und meistens total hässlich :D), aber ich lernte die kolumbianischen Traditionen kennen: Die Novenas (tägliche Weihnachtsfeiern beginnend neun Tage vor Weihnachten mit Liedern und Gebeten, eine katholische Tradition), natilla (so eine Art Karamellpudding), buñuelos (frittierte Teigbällchen) und an Heiligabend Truthahn.

Patricia und die Kinder aus meinem Projekt
Weihnachten begann so richtig für mich am 23., als wir im Projekt mit den Kindern Weihnachten feiern durften. Es wurden Weihnachtslieder (hier: villancicos) gesungen, getanzt und Geschenke übergeben, die von einer örtlichen Firma gespendet wurden.

Heiligabend verbrachten wir dann mit der Familie von Angelica und Patricia, zwei sehr guten Freundinnen hier. Die Familienmitglieder hatten wir zum größten Teil schon vorher kennengelernt, insofern verbrachten wir Weihnachten nicht mit Fremden, sondern mit Menschen, die uns hier sehr wichtig geworden sind. Am Vormittag des 24. hatte ich dann zuerst die Möglichkeit, mit meiner Familie übers Festnetz zu telefonieren. Auch wenn wir nicht lange sprechen konnten und die Verbindung ziemlich schrecklich war, war es ziemlich schön, sich wenigstens mit jedem kurz zu unterhalten und sich fröhliche Weihnachten zu wünschen. Abends ging es dann los, um mein erstes Weihnachten fern von zuhause zu verbringen. Wir kamen um halb neun an und mussten feststellen, dass wir viel zu früh dran waren. Die kolumbianische Weihnachtsfeier in der Familie beginnen typischerweise erst kurz vor zwölf und gehen bis in die frühen Morgenstunden. Eingeläutet wurde mit einem unvorstellbar großen Buffet mit viel Fleisch, Kartoffeln, vielen krass leckeren kolumbianischen Spezialitäten und noch mehr Fleisch. Wir sorgten für kulturellen Austausch, indem wir Weihnachtsplätzchen beisteuerten: Vanillekipferl und Kokosmakronen, yihaa!

Danach ging es weiter mit dem "Programm". Ihr müsst wissen, dass wir Weihnachten nicht nur mit einer ziemlich netten Familie verbrachten, sondern auch einer ein klein wenig verrückten. In Kolumbien ist es im Allgemeinen viel üblicher, zu Weihnachten wirklich zu feiern und Spaß zu haben. In Deutschland unterhält man sich dann doch eher gesittet über den super Mixer, den man geschenkt bekommen hat. So kam es also, dass an dem Abend mit allen Gästen La voz de Colombia veranstaltet wurde, das kolumbianische The voice of Germany, mit Jury und Trailer und allem drum und dran. Wir beteiligten uns mit einer sehr ausgefeilten Version von Barbie Girl. Uns sagten zwar alle, dass sie es super fanden, aber mal schauen, ob wir in nächster Zeit dort auch noch willkommen sind :D.

Mit den jugendlichen Mitgliedern der Familie
Nach wir alle ziemlich viel gelacht hatten, folgte die Bescherung. Ich fand es beeindruckend, dass man wirklich den Eindruck hatte, dass es bei der Bescherung nicht darum ging, dass man das beste und neueste Iphone verschenkt, sondern dass jeder dem anderen eine Freude machen wollte. Dabei ging es gar nicht um den Wert des Geschenks, sondern es ging meistens um einfache Dinge wie Kleidung oder Süßigkeiten. Es macht einen demütig, wenn man darüber nachdenkt, dass wir in Deutschland oftmals den Wert eines Geschenkes über den materiellen Wert und nicht über die Geste definieren. Mir wurden Socken (ja, mittlerweile ist auch den Kolumbianern aufgefallen, dass meine Socken immer Löcher haben, Mama hat´s ja schon immer bemängelt) und ein Kolumbien-Beutel geschenkt, beides Dinge, die ich nicht erwartet hatte und über die ich mich ziemlich gefreut habe.

Im Haus von Aguines
Der nächste Tag begann mit ziemlichem Schlafmangel, nachdem sich die Feier zumindest für die Jugendlichen noch bis zum Morgen gezogen hatte. Am Nachmittag hatte uns Aguines, unsere Chefin, zum Essen eingeladen: überflüssig zu erwähnen, dass es viel zu viel und viel zu lecker war, aber wir vom Vortag noch ziemlich gefüllt waren. Auch der erste Weihnachtsfeiertag verlief sehr schön und besinnlich. Insgesamt vermisste ich natürlich über diese Tage schon meine Familie und Freunde; die Art, Weihnachten zu feiern, ist schon sehr verschieden, aber zu meinem großen Glück durfte ich die Zeit mit vielen Menschen verbringen, die mir etwas bedeuten, wofür ich sehr dankbar bin.

23.-25.12.12 - Weihnachten



Silvester

Auf dem Gipfel: Charlotte, Charlott, Cornelius
Die Tage vor dem Jahreswechsel verbrachten wir in Cali, einer Stadt, die wir schon vorher besucht hatten und die als "Hauptstadt des Salsa" gilt. In diesem Tagen vor Silvester findet jedes Jahr die feria de Cali statt, eine Mischung aus Karneval und Festival mit viel Tanz, Musik und Artistik. Das wollten wir, Christoph, Charlotte, Charlott, eine andere deutsche Freundin, die auch Volontärin ist, und ich, uns nicht entgehen lassen, zumal das ziemlich heiße Klima Calis eine willkommene Abwechslung zum wechselhaften Wetter Bogotás darstellt. Aber schon die Hinfahrt erwies sich als schwierig: Wir hatten Schwierigkeiten einen Bus zu bekommen, weil sehr viele Leute zu diesem Zeitpunkt reisen wollten und landeten letztendlich in einem ziemlich vorsintflutlichen Gefährt. Kurz: Wir machten einige Erfahrungen mit Rauch, der aus der Decke kam und anderen Erfreulichkeiten :D. Aber schlussendlich kamen wir an und verbrachten einige wirklich schöne Tage in Cali in einem sehr coolen Hostel. Unter anderem bestiegen wir den Hausberg Calis, auf dem drei überdimensionierte Kreuze über die Stadt wachen. Charlie entschied sich klugerweise für den Aufstieg für FlipFlops, was sich auf dem Rückweg als tückisch entpuppte und sie sich dieser dann vollständig entledigte. Aber wir wurden auf jeden Fall durch eine wunderbare Aussicht auf Cali und durch leckeren Bananenkuchen auf dem Gipfel belohnt.
 Ach ja, getanzt haben wir natürlich auch ziemlich viel. Einen Abend verbrachten wir auf einem Konzert in einem etwas abgelegeneren, ärmeren Viertel. Auf der Konzert waren wir dann letztendlich fast nur von Schwarzen umgeben und fielen als zwei große weiße Jungs und blonde Mädchen doch ziemlich auf und sorgten für große Aufmerksamkeit. Als wir dann auch noch mit den Leuten tanzten, war das natürlich außerordentlich und es wurden ziemlich viele Fotos und Videos gemacht :D. Aber wenn man dieses etwas merkwürdige Gefühl, so unter Beobachtung zu sein, erstmal verdrängt hatte, wurde es ein sehr witziger Abend und wir lernten viele ziemlich nette Leute kennen.


Am 30. ging es schließlich weiter nach Pereira, einer Stadt im Kaffeedreieck, die wir auch schon vorher einmal besucht hatten. Dort hatte uns ein Freund eingeladen, mit ihm Silvester auf seiner finca, sprich Landhaus zu verbringen. Ich hatte nur leider an diesem Tag einige Magenprobleme und auf der Busfahrt von Cali nach Pereira ließ ich, wie Christoph es so charmant formulierte, "mein Essen mir noch mal durch den Kopf gehen" (was im Bus wiederum für ziemliche Aufmerksamkeit sorgte, immer diese verrückten Ausländer aber auch :D). Aber am nächsten Tag ging es mir schon viel besser, sodass ich ungestört Silvester genießen konnte. Das Problem war nur, dass sich der Freund, der uns eigentlich auf seine finca eingeladen hatte, nicht blicken ließ und wir die zeit mit seinem Cousin verbrachten, den wir auch schon vorher kennengelernt hatten. Aber letztendlich war das auch kein Beinbruch, weil wir so Silvester mit seiner Familie verbrachten. In Kolumbien ist Silvester viel mehr als in Deutschland auch für Jugendliche ein Familienfest, an dem sich wirklich die ganze Familie versammelt. Insofern gewannen wir auch zu diesem Anlass einen relativ authentischen Eindruck: Es wird viel getanzt, in diesem Fall einfach mit allen Leuten auf der Straße, gelacht und auch einiges getrunken, obwohl ich mich natürlich meinem Magen zuliebe sehr zurückhielt :D. Bis zum Morgen ging die Feier und wir konnten den ersten Sonnenaufgang des neuen Jahres auf dem Dach unseres Freundes beobachten. Für den nächsten Tag war ein Ausflug angesetzt, auf, wen wunderst, einen Berg, um den Sonnenuntergang zu bewundern und uns gleichzeitig von Pereira zu verabschieden. Es war wirklich ein großartiger Ausblick und ich hatte auch zum ersten Mal die Möglichkeit, das Weihnachtsgeschenk meiner Eltern, eine neue Kamera (die alte wurde mir leider gestohlen), auszuprobieren.

28.12. - 01.01. - Cali und Silvester in Pereira



Urlaub in Villavicencio

Zum Schluss lasse ich euch noch ein paar Bilder vom letzten Wochenende da, an dem wir Urlaub auf einer finca in der Nähe von Villavicencio machten. Das liegt in den weiten Ebenen Kolumbiens, den llanos. Über hunderte von Kilometern erstreckt sich dort flaches Weideland ohne einen einzigen Berg. Dementsprechen ist es dort ziemlich tropisch heiß. Mir hat es aber doch ziemlich gefallen und landschaftlich ist es dort auch unglaublich schön.
Zum Abschluss kleine Anekdote: Auf dieser finca gab es eine Kokospalme und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich die Möglichkeit, Kokos zu ernten. Man nehme: einen sehr, sehr langen Stock mit Haken und wenn möglich etwas Geschick. Das geht mir aber glaube ich eher ab, insofern hätten mich drei aus fünf Meter herunterfallende Kokosnüsse fast erschlagen; im letzten Moment konnte ich aber noch einen Schritt zur Seite machen. Das interessante ist ja, dass Kokosnüsse noch eine richtig fette, harte und schwere Schutzhülle haben, die man erst ewig mit der Machete abschlagen muss, bevor man an die Nuss kommt, wie wir sie kennen und wie man sie im Supermarkt sieht. Ich dachte ja immer, man schüttelt ein wenig an der Palme, dann kommt die Nuss runter, man schlägt die ein paar mal gegen die Palme und schon ist sie offen. Pustekuchen! Und auch gar nicht mal so empfehlenswert.

04.01 - 07. Villavicencio



Das war´s auch erstmal von mir. Morgen geht es wieder los: für 11 Tage nach Leticia, in den Amazonasregenwald. Ich mach auf jeden Fall viele Fotos und bemühe mich dann, euch hier auf dem Blog einen Eindruck zu vermitteln.

Auch auf der Arbeit gibt es Neues: Wir stehen im Moment vor einigen Schwierigkeiten, weil wir im Moment keine festen Räumlichkeiten für die Kinder in "Maranatha" haben. Das offizielle Programm setzt zunächst aus, bis wir in ein neues Haus einziehen können, dessen Bau aber noch nicht begonnen hat und sich auch noch verzögern kann. Alles ein wenig schwierig im Moment, weil auch meine Zukunft ungeklärt ist. Im Moment helfe ich in einem anderen Projekt aus, zur Diskussion steht aber, dass wir für die Kinder in "Maranatha" eine Art Ersatz-Überbrückungsprogramm im Park anbieten, das muss geklärt werden, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin. Darüber schreibe ich euch das nächste Mal ausführlicher und halte euch dann auf dem Laufenden. Bleiben Sie dran!

Gottes Segen und ein frohes neues Jahr, wenn auch etwas verspätet, euch allen!
Cornelius

Freitag, 19. Oktober 2012

Mit Liebesgrüßen aus Bogotá: Mein tägliches Leben und Erleben

Da ist das Ding.     
                          Oliver Kahn
Da ist er endlich, mein neuer Blogeintrag. Tut mir leid, dass es diesmal so lange gedauert hat.

Herbst? - Hier blüht´s immer
Die Tage vergehen und vergehen. Der Alltag ist eingekehrt, zumindest zum Teil. Schon ist es Oktober. Doch während in Deutschland jetzt die nasskalte Jahreszeit beginnt, ein scharfer Wind die Blätter von den Bäumen treibt und die Menschen sich in den Häusern verschanzen, verändert sich hier erstmal gar nichts. Wir sind so nah am Äquator, dass Jahreszeiten praktisch nicht existieren. Es ist wie immer: Das Wetter spielt verrückt, aber an jedem Tag neu, so wie bisher auch. Es fühlt sich ein wenig merkwürdig an, wenn das bisherige Leben so von ständigen Veränderungen geprägt war, vom ständigen Jahreslauf aus Warm und Kalt, Sonne, Regen und Schnee, Werden und Vergehen. Ich bin gespannt, wie sich Weihnachten anfühlt, so ganz ohne Schneematsch und mürrische Leute in Wintermänteln :)

Mehr als zwei Monate bin ich jetzt hier und bin im dritten, zwei Monate voller spannender Erfahrungen und täglichen Herausforderungen. Ich habe Freunde gefunden, viel gearbeitet, viel nachgedacht, viel geplant, manchmal umgeplant, manchmal verplant, viel Schönes, manches Hässliche gesehen, kurz gesagt: Ich lebe jetzt hier.

Wer sind eigentlich die Leute, mit denen ich hier so zu tun habe?

Christoph und ich vorm Wasserfall


In erster Linie natürlich mein Mitbewohner, Mitstreiter und guter Freund Christoph. Wir machen viel zusammen, unternehmen viel mit Freunden und überlegen und planen gemeinsam, was hier so für neue Projekte anstoßen und welche toten wir wiederbeleben. Das gemeinsame Wohnen klappt auch ziemlich gut, Kochen, Abwaschen, Putzen und alles Andere ist halbwegs aufgeteilt oder wird gemacht, wenn dann doch mal kein Geschirr mehr da ist oder die Teller schon alleine weglaufen können :D Wir organisieren unseren Alltag meistens spontan, aber ein paar Konstanten gibt es schon: Neuerdings frühstücken wir zusammen, (meistens so halb acht), bevor es um acht aus dem Haus geht, abends wird gekocht oder wenn´s sein muss, geputzt und dienstags treffen wir wir uns für unseren Zweimannhauskreis. Da reflektieren wir alles, was uns so in der Woche passiert ist, gerade nehmen wir uns den Hebräerbrief vor, wir diskutieren und beten und zum Schluss schreibt man dem Anderen seine Gebetsanliegen für die nächste Woche auf. Ich empfinde die Zeit als sehr wichtig für meinen Alltag und sehr bereichernd. An dieser Stelle geht einfach mal ein fettes Dankeschön an Christoph raus, fürs Guter-Mitbewohner-Sein und das morgendliche Wecken!

Christoph, Aguines und ich
Und dann muss ich euch natürlich noch Aguines vorstellen, unsere Chefin und Ansprechpartnerin in allen Dingen, die uns so auf dem Herzen liegen. Sie ist nicht nur die Koordinatorin unserer Arbeit und kümmert sich darum, dass es uns in unseren Projekten gut geht, mit ihr überlegen wir auch, welche Dinge wir starten oder unterstützen, die für (geistliches) Wachstum hier in der ACJ sorgen sollen. Daür treffen wir uns jede Woche am Dienstagmorgen und arbeiten dann den ganzen Tag im Büro im Zentrum. Am Donnerstagmorgen haben wir jetzt mit ihr zusammen wieder neu eine Mitarbeiterandacht für alle Angestellten der ACJ begonnen, um die Gemeinschaft innerhalb der Leute hier zu stärken, vor allem auch die geistliche Gemeinschaft. Außerdem kann man mit allen kleinen Problemchen, wie zum Beispiel wenn mal wieder was in unserer Wohnung kaptutt ist, oder auch mit persönliches Anliegen zu Aguines kommen. Sie kann zwar kein Deutsch und ich glaube nicht, dass sie das hier liest, aber Danke³ auch an sie!

Das meiner Meinung nach etwas alberne Logo
Neues aus dem Projekt, in dem ich unter der Woche arbeite, gibt es natürlich auch: Einige mittelgroße bis schwerwiegende Veränderungen in Maranatha. Wir stehen vor einer ziemlich unsicheren Zukunft und das hat einen sicheren Grund: die finanziellen Mittel. Die ACJ hier ist eigentlich chronisch unterfinanziert, hat aber das Projekt Maranatha bisher aus eigenen Mitteln ohne externe Geldgeber getragen. Jetzt beginnen wir aber mit einem neuen Programm in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium, das sich generationes con bienestar (übersetzt etwa: "Generationen in Wohlbefinden" oder so) nennt. Das hat den Vorteil, das wir erstmal bis Dezember finanzielle Sicherheit durch staatliche Unterstützung haben, aber auch den Nachteil, dass wir jetzt viele Dinge im Projekt nach den Vorstellungen des Ministeriums gestalten müssen. Wir müssen größere Kindergruppen betreuen, bis zu 40 Kinder, und sehr viele Themen ins Programm einbauen.
Das heißt konkret für mich, dass ich mehr Verantwortung übernehmen werde, weil wir nicht allzu viele Mitarbeiter sind und mich mehr einbringen werde. Meine bisherige Arbeit mit Andacht am Montag und geplantem Englischworkshop werde ich fortsetzen, was dazukommt, wird sich zeigen. Im Moment verändern sich einfach täglich die Umstände auf meiner Arbeit und es ist für mich manchmal nicht ganz einfach, zu durchschauen, was jetzt gerade abgeht und wie ich mich da einbringen kann. Aber ich hoffe, in den nächsten Wochen legt sich ein wenig der Staub und es kehrt wieder so etwas wie Routine ein.
Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich mich dort weiterhin wohlfühle und mir die Kinder, so schwierig sie manchmal doch sind, echt ans Herz gewachsen sind.

Was ist eigentlich diese Gruppe AI´M, von der ich immer rede?
Ihr sollt ja auch ein wenig Spanisch lernen, also gebe ich euch die Beschreibung einfach mal als Original:
 Somos un grupo de jóvenes en Bogotá, que ofrece a chicos y chicas
entre 14 y 18 años la oportunidad de conocer a Jesús y la fe
cristiana.
Además, puedes participar en talleres de cocina, fotografía, diseño,
musica, juegos y deportes.
Na gut, weil ihr es seid, werde ich es auch noch schnell übersetzen:
 Wir sind eine Jugendgruppe in Bogotá, die für Jungs und Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren die Möglichkeit anbietet, Jesus und den christlichen Glauben kennenzulernen.  Außerdem kannst du in Workshops wie Kochen, Fotografie, Design, Musik, Spiele und Sport teilnehmen.
Einige der Teilnehmer von AI´M
Damit ist eigentlich schon ziemlich viel gesagt. Wir sind eine offene, junge und lebendige, auch ein wenig verrückte Gruppe, meist so zwischen 15 und 25 Personen, die sich jeden Freitagabend trifft. Mir macht es riesigen Spaß Aktivitäten mit den chicos y chicas zu planen und durchzuführen, neben Workshops  gibt es jeden Monat auch ein Spezialevent, letzten Monat zum Beispiel zum Thema "Las Vegas" (Fotos dazu gibt es in der Galerie) und diese Woche dreht sich alles um Indianer. Wir wollen ein Geländespiel und Lagerfeuer machen, hoffentlich regnet es nicht. Die letzten Tage hat es nämlich geschüttet wie aus Eimern, das glaubt ihr gar nicht. :D
Hier könnt ihr euch ein Video mit einer kleinen Szene zum Lied Everything der Band Lifehouse ansehen, die wir im AI´M - Workshop Theater & Sport von Christoph und mir erarbeitet haben:


Die Luft ist schwülwarm, aus der Ferne hört man Gewitter grollen. Wir kämpfen uns durch den Wald, vorbei an Bananenplantagen und über Stock und Stein, begleitet von den Geräuschen der Waldtiere...

Sebastian, Andrés, ich und Christoph baden am Wasserfall
Nein, wir waren nicht im Regenwald. Aber fast. Letztes Wochenende konnten wir uns mal eine kleine Auszeit gönnen vom Trubel Bogotás und ein bisschen durchatmen. Ich war unterweg mit Christoph, Angelica, eine Kolumbianerin, die ich schon in Deutschland kennengerlernt hatte, ihr Cousin Dani, Andrés, Sebastian und Charlotte, eine meiner besten Freundinnen aus Deutschland, die mit mir auf der Schule war und irgendwie auch, wer weiß schon wie, den Weg nach Bogotá gefunden hat. Wir waren unterwegs im Bergwald, viel tiefer gelegen als das kalte Bogotá und viel wärmer, ungefähr 2,5 Stunden von der Metropole entfernt. Mitten auf dem Weg fing es plötzlich in Strömen zu regnen an. Schließlich erreichten wir klatschnass unser Ziel, den salto de las monjas (übersetzt "Sprung der Nonnen" aufgrund der schwarzen Farbe des Kohlegesteins dort), ein wunderschöner Wasserfall mitten im Wald. Derartig durchnässt dachten wir uns: "Dann können wir doch auch gleich Schwimmen gehen!" Gesagt, getan. Und das Wasser war erstaunlich warm und angenehm. Wir verbrachten eine coole Zeit dort und kehrten am Abend nass und ein wenig muffig, aber glücklich nach Bogotá zurück. Wenn ihr darüber noch mehr wissen wollt, schaut doch auch mal bei meinem compañero Christoph und seinem Blog vorbei. Noch mehr Bilder vom salto de las monjas gibt es in der Galerie.

Außerdem könnt ihr euch Bilder von einem anderen Ausflug zu einem anderen Wasserfall, dem salto de Tequendama anschauen. Ich war mit Charlotte und ihrer Mitbewohnerin Márti aus Ungarn unterwegs zu einer Schlucht, in der sich der Wasserfall von Tequendama als wirklich erhabenes Schauspiel in die Tiefe ergießt. (So erhaben, dass sich auch gerne mal Leute dort umbringen, betreten deshalb verboten...) Gegenüber, direkt an der Schlucht, steht ein altes Hotel im schönen Kolonialstil. Um einen besseren Blick auf den Fall zu haben, machten wir uns auf eine kleine Expidition auf einen Berg, stürzten beinahe ab, wurden beinahe von einem Bauern vertrieben und schließlich in sein Haus zu einem Saft eingeladen. Sehr abenteuerlich, das Ganze.
Außerdem gibt es noch Fotos vom Botanischen Garten, den wir im September besucht haben und der sehr schön ist. Es war sehr beeindruckend, was für exotische Pflanzen man dort finden kann und die Fotos lohnen einen Blick. Ich habe mich aber fast noch mehr gefreut, wenn ich auch mal eine Pflanze gefunden habe, die es auch in Deutschland gibt. :) Ihrs seht, eine Menge Fotos, auch an die Lesefaulen ist also gedacht.

Bald fahren wir mal etwas länger in den Urlaub, ins sogenannte Kaffeedreieck und in den Süden nach Cali, die Stadt des salsa. Ihr dürft also weiterhin gespannt sein!

Alles Liebe und Gottes Segen
Euer Cornelius

PS: Schlechte Nachrichten habe ich natürlich auch noch, wie könnte es anders sein. Mir wurde mein Rucksack mit Kamera geklaut, was bedeutet, dass es vielleicht in nächster Zeit ein paar weniger Fotos von mir gibt bzw. nicht meine eigenen, sondern die vom Christoph. Aber wer sich von so was die Laune verderben lässt, ist selber schuld! Bau ich mir halt ne Lochkamera oder so!

Mittwoch, 5. September 2012

Ziemlich viele Sachen - und Drachen

Eine tausend Meilen weite Reise beginnt mit einem einzigen kleinen Schritt.
 Manchmal fühlt es sich so an - wie eine Reise. Eine Reise, auf der viele Koordinaten vorgegeben sind und doch einiges im Ungewissen liegt. Eine Reise, die mich hier durch meine Zeit in Kolumbien führt und natürlich auch darüber hinaus. Manchmal kann ich nichts anderes tun, als einen kleinen Schritt zu tun, einen kleinen Schritt vorwärts.

In Maranatha mit einem Jungen aus dem Projekt
Inzwischen arbeite ich seit fast zwei Wochen in Maranatha mit - meine Arbeitsstelle, Erfahrungs- und Experimentierfeld und ein stückweit ein Zuhause. Im letzten Eintrag hatte ich euch ja von der Entscheidung berichtet, die ich und auch Christoph zu treffen hatten. Nur wenig später war für mich klar, dass es für mich für die nächsten Monate nach Bosa ins Projekt Maranatha gehen würde.
Was mich so sicher machte? Nachdem wir beide Projekte kennengelernt hatten, versuchte ich abzuwägen. Aber letztendlich war es eine Entscheidung nach Gefühl, aus dem Bauch heraus. Ich mochte auf Anhieb die Athmospäre im Haus und die Arbeit mit den Kindern. Nach zwei Wochen Mitarbeit bereue ich nichts und freue mich, meinen Platz gefunden zu haben. Auch wenn es manchmal ein bisschen schwierig ist, - z.B. verstehe ich die Kinder oft nicht und finde selbst oft nicht die Worte, um mich zu verständigen - fühle ich mich doch sehr wohl dort.

Ich arbeite vor allem mit den Kinder im Alter von 7-15, die aus dem Viertel "San Bernadino" im Stadtteil Bosa ins Projekt kommen. Weil es in Kolumbien Vor- und Nachmittagsunterricht gibt, habe ich jeden Tag mit zwei unterschiedlichen Gruppen zu tun: Mit den Kindern, die vor der Schule von um acht bis kurz nach elf kommen und jenen, die nach dem Unterricht und dem Mittagessen von um eins bis halb fünf da sind. Dementsprechend gestalten wir im Projekt zweimal am Tag ein Programm. Zu meinen Aufgaben gehört vor allem die Unterstützung der hauptamtlichen Betreuerin Marina, quasi meine Chefin. Ihr helfe ich, Aufgaben für die Kinder zu entwickeln und gestalte auch Eigenes. Beispielsweise halte ich jeden Montag vor dem Essen eine kurze Andacht. Vorgestern habe ich das zum ersten Mal versucht, nach Worten ringend habe ich mich durchgemogelt. Einen Vorteil habe ich jedoch: Für die Nachmittagsgruppe kann ich vieles mit Hilfe von Marina verbessern und ein paar sprachliche Fehler ausbügeln. Und schon klappte es beim zweiten Mal viel besser.
In der Galerie könnt ihr euch ein paar Bilder anschauen, die ich von den Kindern gemacht habe, um die Namen zu lernen. Das ist ungefähr die Hälfte der Vormittagsgruppe, insgesamt muss ich mir ungefähr 50 neue Namen merken, davon ungefähr 10 Lauras und der Rest unaussprechlich :D

Außerdem werde ich in der nächsten Zeit einen Englischworkshop beginnen. Englisch haben zwar alle Kinder in der Schule, das Niveau ist aber nicht allzu hoch. Das ist für mich eine gute Gelegenheit, mich einzubringen und den Kindern etwas Nützliches mitzugeben.
Mittwochs begleite ich Carlos, einen anderen Mitarbeiter von Maranatha, der vor allem mit Jugendlichen arbeitet. Wir besuchen Oberschulen, die colegios, und bieten workshops und Unterrichtsstunden zu verschiedenen relevanten Themen an. Letzte Woche waren wir zum Beispiel in einer 6.Klasse, in der Carlos über Frauenrechte gesprochen hat. Ich unterstütze ihn, indem ich z.B. Fotos mache. Später kann ich vielleicht auch einen eigenen workshop anbieten.

¿Que mas? - Was ist noch passiert, in diesen zwei Wochen?
Und wieder weiß ich gar nicht so genau, wo ich anfangen soll. Ach ja, am Besten am Anfang.

Blumen auf dem Weg nach oben
Am Montag, den 20. August, lernten wir Bogotá ein wenig aus einer anderen Perspektive kennen: von oben. Es war mal wieder - hurra, hurra! - ein Feiertag und wir hatten endlich die Möglichkeit, zusammen mit Ana Milena, einer Freundin aus der ACJ, auf den Monserrate zu wandern. Der Monserrate ist einer der Berge im östlichen Gebirgszug, die das Stadtbild von Bogotá prägen. Egal wo man ist; auch wenn man sich ein wenig verläuft: Die Berge sind von überall zu sehen und man weiß zumindest einmal die Himmelsrichtungen. Auf dem Monserrate befindet sich eine Kirche, die besonders an Sonn- und Feiertagen ein beliebter Wallfahrtsort ist.

Sonnenuntergang hinter den Bergen
 Auf dem Weg überholten wir sogar eine Pilgerin, die sich auf Knien die mehreren tausend Stufen nach oben quälte. Aber auch ohne derartige Selbstkasteiung war es für uns anstrengend genug, den 3200 Meter hohen Gipfel zu erreichen. Belohnt wurden wir durch einen atemberaubenden Ausblick auf Bogotá und die umgebende faszinierende Landschschaft. Auf dem Weg begegneten uns ungewöhnliche Pflanzen, links und rechts von uns dichter, artenreicher Wald.
Bilder vom Monserrate könnt ihr euch in der Galerie anschauen.


Österreich?!
Unzählige Drachen flatterten im Wind und unter uns breitete sich ein Panorama wie aus einem Heidi-Bilderbuch aus. Später tauften wir diesen Landstrich zwei Stunden entfernt von Bogotá aufgrund der milchpackungstauglichen Landschaft mit Seen, Bergen und jeder Menge Kühen "Das Österreich Südamerikas". Es war der Sonntag darauf, der 26. August, und wir waren mit zwei Freunden, Patricia und Fabián, auf dem festival de las cometas. Kometen? Nächtliches Spektakel oder gar Untergangsszenario? Weit gefehlt, cometas bedeutet schlicht Drachen. Patricia hatte uns eingeladen, sie auf einen Ausflug ihrer Universität zu begleiten, weit vor den Toren der Stadt. Ungefähr 300 Personen wurden in Bussen in die Pampa kutschiert und ließen dort ihre Drachen steigen. An sich schon sehr schön, aber getoppt wurde das durch das Naturerlebnis, das sich uns geplagten Großstädtern bot. Nach einem ziemlich lustigen und entspannenden Tag fuhren wir dann wieder zurück nach Bogotá. Fotos gibt es wiederum in der Galerie.

 Ein paar neue Dinge noch, von denen ich leider nur kurz erzählen kann: Ich fühle mich schon richtig wie zuhause, jetzt ist auch der Alltag mit täglicher Arbeit eingekehrt. Dennoch können wir immer wieder neue Sachen ausprobieren und erleben. Zum Beispiel unterstützen wir neuerdings auch manchmal ein neues Programm der ACJ, Escaladores, was soviel wie Bergsteiger bedeutet. Ein guter Name, denn dahinter verbirgt sich ein dreimonatiger Jugendleiterkurs für 15-25jährige, die in dieser Zeit viele coole neue Fähigkeiten - z.B. in den Bereichen Pädagogik, Kunst, Sprachen und Internationale Austausche, Sport und vieles mehr - erlernen können und für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geschult werden. Wie Bergsteiger begeben sie sich Schritt für Schritt nach oben in der Ausbildung.
Wir tun so, als würden wir arbeiten
Für dieses Programm besuchten wir eine Oberschule und luden in verschiedenen Klassen die Jugendlichen dazu ein. Außerdem waren wir beim Anfangsevent dabei und ich wurde ein bisschen zu meiner bisherigen Erfahrung, Volontär bei der ACJ zu sein, interviewt. Meine ehrliche Antwort: Absolut empfehlenswert!
Kochen gelernt haben wir auch noch ein bisschen, bei Martha, einer befreundeten senora. In ihrem Haus brachte sie den ahnungslosen Deutschen bei, wie man kolumbianisch kocht. Jetzt also neu in unserem Repertoire (leider nur für den Eigenbedarf und nicht nach Deutschland lieferbar): platanos (Kochbananen), arepas (Maismehlteigtaschen),  und frijoles rojos (rote Bohnen).

Ich hatte euch auch noch einen Bericht über die Gruppe AI´M versprochen - und der kommt auch noch. Fürs erste sei gesagt, dass es mir sehr Spaß macht, mit den Jugendlichen am Freitagabend eine coole Zeit zu verbringen. Leider ist der Theaterworkshop, den ich anbieten wollte, noch nicht zustande gekommen, weil sich zu wenig Teilnehmer gefunden hatten. Aber vielleicht klappt es diesen Freitag damit, das lass ich entspannt auf mich zukommen. Ich meld mich bald wieder!

Alles Liebe und Gottes Segen
Euer Cornelius